Leicht irritiert zeigte sich das Publikum, als es hieß: «Das Ganserhaus ist besetzt.
» Man musste seine üblichen Erwartungen und Sehgewohnheiten beiseite legen, um sich den Arbeiten und Aktionen der Performerin und Videokünstlerin Birgit Ramsauer zu nähern.1962 in Nürnberg geboren, studierte sie dort in den 80er-Jahren Literatur, Kunsterziehung, Kunstgeschichte und Gesang und Anfang der 90er-Jahre an der Akademie der Bildenden Künste. Seit kurzem arbeitet Birgit Ramsauer im Zuge einer Gastprofessur an der Cooper Union School of Art in New York City, wo sie das Thema Raum in Installationen, Performances und Videos behandelt. Eine ihrer bekanntesten Arbeiten dazu ist das Projekt «Art Home Less», das sie in verschiedenen Metropolen wie New York City, Moskau, Berlin und Marseille verwirklicht hat. Sie setzt sich dabei mit dem ständig wachsenden Problem der Obdachlosen auseinander, macht ihre Vertreibung aus den schützenden Innenräumen der Großstadt nach draußen, in eine räumliche und menschliche Kälte, zum Thema.
Bei der Performance zur Eröffnung ihrer Ausstellung in der Wasserburger Galerie im Ganserhaus thematisierte sie ebenfalls die Umkehrung des Raums und die damit einhergehende Auseinandersetzung mit der Öffentlichkeit. Erklärende Texte begleiteten den Besucher durch die Räume der Galerie, in der sie ihre Installation präsentiert. Gemauerte Vorsprünge, Sitzgelegenheiten, Nischen und Treppengeländer wurden mit stacheligen Taubenabwehrdornen belegt, die sich ansonsten an den Außenmauern der Galerie befinden. Ihre in Glaskäs-ten gesetzten, farblich und formal veränderten Dornen dagegen verteilt Birgit Ramsauer an den Außenwänden des Hauses und erweitert ihren Ausstellungsraum in die gesamte Stadt, indem sie Geschäftsleuten die Möglichkeit bietet, ihre Kunstwerke in Schaufenstern oder Innenräumen beliebig zu präsentieren.
Um dem Objekt Aussagekraft zu verleihen, muss es präpariert oder auf eine besondere Weise präsentiert werden. Aus diesem Grund ordnete die Künstlerin alles in Glaskästen und platzierte die Vitrinen im von ihr umgekehrten Raum. In einem leeren Raum der Galerie wird der Besucher selbst zum kunstschaffenden Objekt, indem er seine Schatten als bewegliche Bilder an die Wand projiziert.
Die Auseinandersetzung mit der Öffentlichkeit und mit gesellschaftlichen Verhaltensformen ergibt sich von selbst. Die Erwartungshaltung des Galeriebesuchers wird auf den Kopf gestellt. Leere Wände und die feindliche Ausstrahlung ihres Arbeitsmaterials zwingt nach draußen zu gehen, womit die Künstlerin den Wirkungskreis ihrer Kunst vergrößert, aber vor allem das damit verbundene Diskussionsfeld. Tauben und meist auch Obdachlose sind ausgeschlossen. Die Stacheln der Taubenabwehr werden zum Symbol für den gesellschaftlichen Ausschluss. Haupteindruck der Präsentation ist der, dass in der Art, wie die Form der Objekte zum Raum in Beziehung gesetzt wird, ein schaubares Bild gefunden wurde, das präzise heutiges Leben ausdrückt: Ballung, Bedrohung, Isolierung und Kommunikation.
Die Ausstellung «Besetzt» läuft noch bis 28. September in der Galerie im Ganserhaus Wasserburg. Öffnungszeiten sind Donnerstag bis Sonntag von 13 bis 18 Uhr.
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